- Ausstellung: Der Weg zur Abstraktion
- Porträts des 20. Jahrhunderts
Das kurze Leben und die künstlerische Laufbahn des österreichischen Malers des Expressionismus, Richard Gerstl (1883-1908) war eng mit den progressiven musikalischen Kreisen Wiens, insbesondere um Arnold Schönberg und seine Frau Mathilde, verbunden, die er 1907 mit ihren Kindern in einem Gruppenporträt darstellte. Gertstl trug die Farbe breit und in einem dicken Impasto auf, um auf diese Weise die Gesichter und Körper der Familie Schönberg anzudeuten anstatt im Detail zu porträtieren. Gerstls Beziehung zur Familie endete tragisch mit seinem Selbstmord im Alter von nur 25 Jahren.
Gerstls Schulbildung und künstlerische Ausbildung waren eher schwieriger Art. Nachdem er von seiner Schule in Wien ausgeschlossen worden war, erhielt Gerstl von Privatlehrern Unterricht. Mit 15 Jahren ging er an die Akademie der bildenden Künste, wo er unter dem berüchtigt starrsinnigen Professor Christian Griepenkerl studierte. Gerstls ablehnende Haltung gegenüber der Wiener Secession und seine Verachtung künstlerischer Prätention versetzten Professor Griepenkerl derart in Wut, dass er denkwürdigerweise ausrief: „So wie Sie malen, pinkle ich in den Schnee!“
Während der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war der Expressionismus weiterhin eine einflussreiche Kunstbewegung. Joseph Kutter (1894-1941) ist wahrscheinlich der bedeutendste Luxemburger Künstler jener Zeit. Er war 1927 Gründungsmitglied der Luxemburger Secession.
Nach dem Besuch einer Varieté-Aufführung in einem Luxemburger Theater taucht das Clownsmotiv 1935 erstmals in Kutters Werk auf. Seine ersten Clownsfiguren wirken sehr fröhlich, doch von 1936 bis 1937 malte er eine Reihe melancholischer Clowns, die seine Leiden und seine Sorgen über seinen Gesundheitszustand ausdrücken. Wenn Sie mehr über Kutter erfahren und Einzelheiten zur derzeitigen Kutter-Retrospektive sehen wollen, dann besuchen Sie die Website des Nationalmuseums für Geschichte und Kunst in Luxemburg.
Oskar Schlemmers (1888-1943) Konzentrische Gruppe, 1925, führt die Porträtmalerei in eine abstraktere Richtung. Dabei werden Formen in einen zwei- und dreidimensionalen Raum arrangiert, anstatt individuelle Abbilder darzustellen.
Eine fast symmetrisch kreuzförmige Figurengruppe hebt sich von einem kontrapunktischen Hintergrund bestehend aus zwei hellen und zwei dunklen Rechtecken wie von einem riesigen Schachbrett ab. Über dem Kopf der mittleren Figur ist in einer Öffnung, die in einen imaginären Raum führt, ein nackter junger Mann zu sehen. Die Gesten und Blicke der Figuren durchkreuzen die Länge, Breite und Tiefe der Komposition. Nachdem das Werk von den Nazis als ‚entartet’ deklariert und 1937 von der Berliner Nationalgalerie entfernt worden war, kam die Konzentrische Gruppe in diverse Privatsammlungen, bevor es 1950 von der Staatsgalerie Stuttgart erworben wurde. Es ist eines von Schlemmers enigmatischsten und bedeutendsten Gemälde.
Die rumänische Hauptstadt Bukarest war im frühen 20. Jahrhundert ein dynamisches Zentrum für die Kunst der Avantgarde. In seiner Jugend experimentierte Victor Brauner (1903-66) mit den verschiedensten Kunststilen und –einflüssen bevor er nach Paris kam und dem Kreis um André Breton und den Surrealisten beitrat.
Brauners Porträt des Dichters Ilarie Voronca mit seiner abgeschrägten Fläche geometrischer Formen und seinen starken Farbkontrasten zeigt deutlich den Einfluss des gerade vor einem Jahrzehnt von Pablo Picasso und Georges Braque entwickelten Kubismus. In Brauners Porträt sind die Gesichtszüge Voroncas deutlich erkennbar, genau wie in Picassos Porträt von Daniel-Henry Kahnweiler im Art Institute von Chicago.